· 

Erntebericht auf dem Ritzelshof

 

Zum Erntegespräch hatte der Kreisbauernverband Fulda-Hün­feld eingeladen. Vorsitzender Lo­thar Röder verwies auf einen um rund zehn Tage späteren Erntever­lauf. Mit einem mittleren Winter­gerste-Ertrag von 65 dt/ha unterschreite man im Raum Fulda den Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Erträge von Getrei­de seien auf den leichten Standorten eingebrochen, während der Winterweizen noch nahezu komplett am Halm stehe. Röder machte deutlich, dass die derzeit steigen­den Getreidepreise dringend be­nötigt würden, um in den Betrieben die in den vergangenen zwei Jahren deutlich zurückgefahre­nen Ersatzinvestitionen von Maschinen und Stalleinrichtungen jetzt vornehmen zu können.

160 000 ha Weizen in Hessen

 

Friedhelm Schneider ging auf den bisherigen Verlauf der Ernte 2010 in Hessen ein. Niedrigere Er­träge, dafür aber ansprechende Qualitäten habe die Wintergerste geliefert. Der Raps schlage mit einer positiven Preisentwicklung zu Buche, so Schneider. Der Wei­zen, mit 166 000 ha die wichtigste Ackerfrucht in Hessen, habe auf schwereren und Wasser speichernden Böden die Trockenheit und Hitze relativ gut überstanden. Auf den leichteren Standorten hätten sich aber die Ertragser­wartungen reduziert. „Jetzt brau­chen wir warme und trockene Tage, um bei Roggen und Wei­zen die Qualitäten zu sichern“, betonte der HBV-Präsident, der nach Stand der Dinge davon ausgeht, dass es zu Minder­erträgen kommt und der Stand des Vorjahres nicht erreicht werde. Dennoch, von Engpässen in der Mehlversorgung sei nicht auszugehen.

 

Laut Schneider hat Silomais stark unter der trockenen Witterung gelitten. Der Minderertrag wird demzufolge zwischen 20 bis 30 Prozent liegen. Außerdem müsse mit einem bis zu 30 Prozent geringeren Ertrag bei Mittel- und Spätkartoffeln auf der 4 700 ha großen hessischen An­bau­­fläche gerechnet werden.

 

Anziehende Preise schlagen sich bereits auf die Futterkosten nieder. „Wenn die Schweineprei­se mitziehen, ist dagegen nichts einzuwenden“, sagte Josef Baum­garten.

 

Aus Sicht der Milcherzeuger berichtete der neue Kreis­land­wirt Emil Funk von stei­gen­den Kosten für Kraft- beziehungsweise Leistungsfutter. Grünland habe unter Wassermangel gelitten. In der Rhön sei mancherorts der zweite Schnitt immer noch nicht erfolgt. Als erfreulich wertete Funk den angezogenen Milchpreis auf 30 Cent/kg. Ein Erzeugerpreis, den er, unberücksichtigt steigender Futter- und Betriebsmittel, als derzeit kostendeckend bezeichnete.

 

Braugerste hat gelitten

 

Die Preisentwicklung beim Getreide ist positiv, jetzt brauchen Hessens Bauern aber dringend stabiles Erntewetter.
Foto: Karl-Heinz Burkhardt

Über gute Qualitäten der an den Getreideannahmestellen abgelieferten Wintergerstepartien berichtete Kornhausverwalter Er­hard Mörmel von „Hessenland.“ Gelitten hätten in diesem Jahr aber die Sommerungen mit Braugerste (deutlich weniger Vollgerste) und Hafer (niedriges Hektolitergewicht). Relativ hoch sei der Schmachtkornanteil bei Win­terweizen und -roggen. Gehe das wechselhafte Wetter so weiter, befürchte er Verluste in der Backqualität dieser beiden Getreidearten. Beim Raps liege der Ölgehalt um zwei bis drei Pro­zent unter dem Vorjahr.

Preise absichern?

 

Mörmel sprach auch über Vermarktungsmöglichkeiten mit Preis­absicherungen über die Warenterminbörse. Verarbeiter beziehungsweise Mühlen hielten sich beim Ankauf noch weitgehend zurück, da sie sich scheuten die jetzigen Preise zu zahlen, die innerhalb einer Woche sprunghaft nach oben gingen.

 

Friedhelm Schneider: „Was die Ernte wert ist, wissen wir erst dann, wenn das Geld auf dem Kon­to der Bauern ist. Wir brauchen jetzt eine Phase trockenes und warmes Sommerwetter.“ Keineswegs sei es aber so, dass die Getreidepreise außer Kontrol­le geraten seien, wie es eine große deutsche Zeitung gemeldet habe. Als eine Belastung für Landpacht­preise wurde allgemein der Getreide- und Maisanbau für Biogas­anlagen betrachtet. Hier begebe man sich „auf einen schma­len Pfad“, wie es der HBV-Präsident bezeichnete.

 

Lothar Röder forder­te die Beibehaltung der Ausgleichszulage (AGZ) als Auslotung der Wett­be­werbs­fähigkeit zu besseren Stand­orten, die er als unverzichtbar hielt, gerade für Hessens Mittelgebirgsregionen. Burkhardt